Gärtnern in Zeiten von Klimawandel, Artensterben und teuren Lebensmitteln
Die Natur erwacht und mit Schneeglöckchen, Krokus und Co. melden sich auch so langsam die Insekten in der Natur zurück. Sind sie für die beginnende Brut der Vögel in Garten und Flur als Nahrung wichtig, so hofft der Gartenfreund natürlich auch auf eine intensive Bestäubung seiner Kulturen. Dann wäre eine reiche Ernte von all dem Obst und Gemüse gesichert, was erst fruchtet, wenn die Immen ihr Werk getan haben. Leider ist der Bestand an Befruchterinsekten in den letzten Jahren stark zurück gegangen und ist auch weiter rückläufig. Ausgemachter Feind von allem, was da kreucht und fleucht sollen unsere Landwirte sein. Aber so einfach ist das nicht, liebe Gartenfreunde. Die Landwirte bewirtschaften die Felder schon seit Jahrzehnten, so wie heute und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist eher rückläufig, wie auch der Anteil der bewirtschaften Ackerfläche. So sank in der Zeit von 2016 bis 2021 der Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche um 2.047 Quadratkilometer (km²) von 51,1 auf 50,5 % der Gesamtfläche der Bundesrepublik (Quelle: Umweltbundesamt). Daher müssen wir uns alle an die Nase fassen, wenn es um die Erhaltung der Habitate für Insekten geht. So werden täglich in Deutschland rund 55 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen. Dies entspricht einer Flächenneuinanspruchnahme – kurz Flächenverbrauch – von circa 78 Fußballfeldern pro Tag. (Quelle bumv.de). Weiter gibt es zum Beispiel ca. 229.700 Kilometer Straßen außerorts in Deutschland. Rechnet man nur 5m Straßenrand rechts und links der Straßen, so ergibt sich eine Fläche von 2970 km² die akribisch gemäht und gemulcht wird. Auf der einen Seite halten wir unsere Gartenfreunde aus Insektenschutzgründen an, aufs Mähen im Garten und das zurückschneiden von Stauden im Herbst zu verzichten, damit die Insekten Nahrung und Unterschlupf finden. Auf der anderen Seite fallen tausende Quadratkilometer unserem Wohlstand und der Ordnungsliebe zum Opfer. Selbst Brachflächen in Gewerbegebieten werden akribisch gemäht.
Aber auch wir Kleingärtner auf unseren rund 44.000 ha Parzellenfläche haben noch Entwicklungspotential. Eine Studie des Bundesverbandes der Gartenfreunde hat den Kleingärtnern schon eine große Biodiversität bescheinigt. Da geht aber noch mehr oder besser wieder noch mehr. In der Vergangenheit hat das „moderne Garten(un)wesen mit blanken rasen und Schotterbeet auch so manchen Kleingarten besiedelt. Da finden natürlich die so wichtigen Insekten übers Jahr nicht viel Nahrung und Unterschlupf. Nur wenn wir in unseren Kleingärten regional und saisonal Obst und Gemüse anbauen, leisten wir unseren Beitrag zur Erhaltung unseres natürlichen Lebensumfeldes. Die Menschheit hat es über Millionen von Jahren bis hierhergeschafft und nun sägen wir in ein paar Jahrzehnten an den Ast, auf dem wir sitzen. Der Klimawandel lässt grüßen.
Schön zu erfahren, dass es in vielen Kleingartenvereinen jetzt Imker gibt oder engagierte Gartenfreund mit der Imkerei beginnen wollen. Davon werden auch alle anderen Gartenfreunde etwas haben. So erhöht sich der Ertrag bei Birnen zum Beispiel um 90% und bei Kirschen um 70%. Dann sollte aber auch das Obst geerntet werden. Denn Fallobst lockt Wespen an! Am Ende heißt es wieder, iiih eine Biene. Aber Bienen gehen nicht an Obst.
Mancher Orts scheint natürlich gärtnern wohl gar nicht erwünscht zu sein. Oder wie soll man werten, wenn sich Gartenfreunde mokieren, dass auf der Nachbarparzelle anstelle von tristen Rasen eine Blühwiese angelegt wurde. Es gibt kein Bundeskleingartengesetz, welches so etwas verbietet. Es ist davon auszugehen, dass jener Gartenfreund,der sich um Blüten im Garten kümmert, auch ansonsten seinen Kleingarten im ureigensten Sinne des Bundeskleingartengesetzes bewirtschaftet, nämlich vorrangig der Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen (§1 Abs.1 BkleingG)
In diesem Sinne sollten wir auch die Kommunen sensibilisieren, wenn es um die Beurteilung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit geht. Im Umkehrschluss ist natürlich nicht jede Brennnesselecke eine Biooase, das ist schon klar.
Mit Gurkenpreise über drei Euro hat es nun sogar Gemüse in die sozialen Medien geschafft. Mit dem Anbau von Obst und Gemüse im eigenen Kleingarten kann man dieser Entwicklung entgegenwirken. Natürlich wachsen da im Winter keine Erdbeeren oder Avocados. Aber im Klimasinne ist das Einfliegen solcher Früchte aus Südamerika ja eh nicht und die Gesundheitswirkung auch nicht unbedingt belegt. Wie gesagt regional und saisonal ist die Devise.
Die neue Gartensaison steht vor der Tür. Wir haben es in der Hand, unseren Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten und etwas für eine vielfältige Natur um uns herum zu tun.
Thomas Schaaf
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